Mein Bruder
Gerd Breuer |
* 4. Nov. 1969 |
+ 31. Juli 1992 |
Mein Bruder Gerd wurde nur 22.
Er hatte in Klagenfurt die HTL für Nachrichtentechnik und Elektronik
absolviert und studierte Telematik an der TU Graz. Er war dabei, eine Firma
zu gründen, CAD-Express (CAD = computer aided design) und war recht erfolgreich
mit Aktien (und Vaters Geld *g*).
Er war auch ein begnadeter Tänzer. Meine Schwester Heidi und ihn tanzen
zu sehen, war ein mitreißendes Erlebnis.
Uns beide verband die Leidenschaft fürs Motorradfahren und Kampfsport (er trainierte erst in Klagenfurt Karate, dann am USI Graz Taekwondo), sowie die Liebe zur Musik (Whitesnake, Iron Maiden, Judas Priest, Pink Floyd, Level 42, APP, Bon Jovi ). Wir spielten beide Klavier, doch seine Begeisterung für Klassik hielt sich eher in Grenzen. Oft hörte er aber interessante Stücke, sei es im Radio oder als Untermalung im Fernsehen. Die nahm er dann auf, rief mich an und spielte sie mir - "was ist das?" - vor. Seine letzte Frage an mich, wenige Wochen vor seinem Tod, betraf Dance of the Knights aus Prokofievs Romeo and Juliet.
Freitag, der 31. Juli 1992
war ein herrlicher Sommertag. Gerd hatte ihn mit seiner Freundin Sabine verbracht,
mit der er schon über 3 Jahre zusammen war. Um 19:00 Uhr war er mit zwei
Freunden verabredet, sie wollten mit ihren Motorrädern wieder mal auf
den Dobratsch fahren. Unterwegs hielt Gerd noch an, um seine FZ 750 vollzutanken.
Diese FZ war seine 7. Maschine (Sachs RS 125, Yamaha RD 125, Yamaha RD 350,
Honda CBR 500, Suzuki DR 600 und zwei Modelle der Yamaha FZ 750). Er war aber
durchaus auch mit meinen beiden (RD 400, XT 500) unterwegs. Die CBR war eine
Unfallmaschine, er hatte sie praktisch in Obstkisten nach Hause gebracht und
im Herbst/Winter 88/89 "zusammengeschraubt".
Gegen 20:00 Uhr an diesem 31. Juli passierte es. Wenige hundert Meter hinter
der sechsten Kehre kam ihm in einer Rechtskurve mitten auf der ohnehin
schmalen Bergstrasse von oben ein Auto entgegen. Nun ja, ein Motorrad in Schräglage
braucht Platz. Wie auch immer, Gerd kam zu Sturz und prallte in die Leitplanken
- Genickbruch. Er war auf der Stelle tot.
Zu seinem Begräbnis am 6. August kamen unglaublich viele Leute. Ich kannte nur einen kleinen Teil davon. Viele, v.a. Studienkollegen, waren mitten in den Ferien von weither angereist, um Gerd auf seinem letzten Weg zu begleiten. Das war Balsam auf unsere schreckliche Wunde.
Zur Einsegnung spielten wir Time
von APP für ihn, das hatte er in der letzten Zeit sehr oft gehört.
Es dauerte danach eine ganze Weile, bis ich mir diese wunderschöne Nummer
wieder anhören konnte, ohne in Tränen auszubrechen.
In der ersten Zeit nach dem furchtbaren Verlust waren vor allem Black Sabbath
She's
Gone und Gary Moore Nothing's
the Same,
aber auch Alphaville Lassie
come home oder Rachmaninovs großartige Isle of the Dead meine
Begleiter.
Ob er etwas geahnt hat?
Seine Freundin erzählte mir von einer Aussage Gerds, die man im Nachhinein
als kryptisch bezeichnen könnte.
Es war ca 2 Wochen vor seinem Unfall, und sie wollte den Urlaub im nächsten
Jahr besprechen. Sowas hatten sie auch sonst gern gemacht. Aber diesmal sagte
er nur, er halte es nicht für sinnvoll, so weit in die Zukunft zu planen.
Eine Art Todesahnung oder einfach keine Lust auf das Thema?
Zu meinem Geburtstag im April hatte ich von Gerd eine Whitesnake-CD bekommen.
Ein Titel darauf Judgment
Day hat einen interessanten Text:
"The night is gone.
The time has come to find a new day has begun
To soothe the pain of wasted years and kiss away the bitter tears,
A love to light the way [...]
No more shadows of the past,
your spirit free to fly at last
Shining in the sun
"
Gerd, ich hoffe, dass es wirklich so ist: No more shadows...
Wo Du auch bist, wir lieben Dich!